Leitlinie 2: Für eine exzellente Forschung in Europa
Mit dem Nationalen Aktionsplan schafft die Bundesregierung die Grundlage für eine exzellente Forschung in Europa, in dem sich Forschende offen und grenzüberschreitend optimal vernetzen.
Mit dem Nationalen Aktionsplan schafft die Bundesregierung die Grundlage für eine exzellente Forschung in Europa, in dem sich Forschende offen und grenzüberschreitend optimal vernetzen.
Ein "Binnenmarkt des Wissens" ist und bleibt die Kernaufgabe des Europäischen Forschungsraums. Die Mobilität innerhalb des Europäischen Forschungsraums gilt es weiter zu erleichtern: Forschende in Europa sollen exzellente Forschung und Innovation unter bestmöglichen Bedingungen betreiben, gemeinsam innovative Durchbrüche erzielen und in enger europäischer und internationaler Vernetzung und im persönlichen Austausch europäische Wertschöpfung durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit schaffen.
Für die effektive grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Europäischen Forschungsraum müssen sich die Mitgliedstaaten zu den Rahmenbedingungen ihrer nationalen Wissenschaftssysteme koordinieren. Mit den Chancen der Digitalisierung und sich verändernden Anforderungen in der Wissenschaft gilt es, diese Rahmenbedingungen für exzellente Forschung und Innovation weiter konsequent zu modernisieren und dabei die europäische Dimension von Anfang an mit zu berücksichtigen. Somit steigert die Bundesregierung die Interoperabilität zwischen den europäischen Wissenschaftssystemen. Dies betrifft u. a. Fragen der offenen Wissenschaft (englisch: Open Science), Aspekte der Forschungsbewertung oder auch der wissenschaftlichen Karrieren.
Im Rahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum will die Bundesregierung:
Die Bundesregierung will den freien Zugang zu Publikationen, die aus öffentlich finanzierter Forschung entstehen, als Standard im deutschen Wissenschaftssystem verankern. Dazu verfolgt sie unter anderem aufmerksam die Weiterentwicklung der "Open Research Europe"- Publikationsplattform. Sie begrüßt die Öffnung der Plattform für Publikationen jenseits des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation und prüft eine künftige Beteiligung zur Öffnung der Plattform für Forschende in Deutschland, sowie den Ausbau von Infrastrukturen in akademischer Trägerschaft, die die Ziele des freien Zugangs zu Forschungspublikationen und -daten fördern.
Die Bundesregierung setzt sich für eine wissenschaftsfreundliche Datengesetzgebung auf europäischer Ebene ein, unter anderem in der Anwendung des Data Acts, der DSGVO und des Data Governance Acts. Sie schlägt rechtliche Rahmenbedingungen vor, die Fragen des Zugangs und der Nutzbarmachung von Forschungsdaten sowohl für die Wissenschaft als auch die Wirtschaft berücksichtigen und den Aufbau einer Datenökonomie in Europa erleichtern. Unter Berücksichtigung der europäischen Open Data Bestrebungen, der DSGVO und des Data Acts wird sie in Deutschland ein Forschungsdatengesetz entwickeln.
Um die Datenbestände aus Wissenschaft und Forschung für das gesamte Wissenschaftssystem systematisch zu erschließen, zu vernetzen und nutzbar zu machen, wird die Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) aufgebaut. Dabei sollen Synergien und Interoperabilität zwischen den von der NFDI und der European Open Science Cloud (EOSC) entwickelten Angebote und Dienste geschaffen werden. Ziel ist es, auf der Grundlage qualitativ hochwertiger und leicht zugänglicher Forschungsdaten neues Wissen, Produkte, Geschäftsmodelle und Innovationen hervorzubringen, um den wirtschaftlichen Wohlstand und gesellschaftlichen Fortschritt in Deutschland und Europa nachhaltig zu sichern.
Die Bundesregierung setzt sich für den Auf- und Ausbau von Datenkompetenzen in der gesamten Breite der Wissenschaft ein, d. h. quer über alle wissenschaftlichen Disziplinen hinweg und auf allen Karrierestufen (von den Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern bis hin zu den erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern). Dies bedeutet einen Kulturwandel in der Aus- und Weiterbildung von Forschenden sowie des unterstützenden Personals auf nationaler und europäischer Ebene hin zu mehr Daten- und Digitalkompetenzen.
Für eine bessere und effektivere Datennutzung in Gesundheitsforschung und -versorgung setzt sich die Bundesregierung für eine dezentrale, europaweit vernetzte Datenhaltung mit zentralen Zugangsmöglichkeiten und die Harmonisierung der Governance von Gesundheitsdaten ein. Die rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene werden weiterentwickelt, wie zum Beispiel mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Verordnungsvorschlag der Kommission für einen European Health Data Space. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Datennutzungsbedingungen zu optimieren und daraus einen maximalen Nutzen für die Gesellschaft zu generieren.
In der Bewertung von Forschungsleistungen setzt die Bundesregierung sich für qualitativere in Ergänzung zu quantitativer Messung ein. In diesem Sinne unterstützt sie die "Vereinbarung zur Reform der Forschungsbewertung" als einen Ansatz hin zu einer verstärkt qualitativen Forschungsbewertung und begrüßt den auf der europäischen Ebene organisierten Prozess. Sie begrüßt ferner das Engagement der deutschen Wissenschaftsorganisationen in der freiwilligen Unterstützung dieser Reform. Hierzu wird sich die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und den Wissenschaftsorganisationen regelmäßig austauschen und prüfen, ob zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für die Reform der Forschungsbewertung notwendig werden.
Damit Europa global wettbewerbsfähig und ein attraktiver Wissenschaftsstandort bleibt, gilt es, die europäische Zusammenarbeit in Forschung und Innovation weiter zu vereinfachen und noch bestehende Hürden der transnationalen Zusammenarbeit abzubauen.
Im Rahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum will die Bundesregierung:
Mobilität ist ein wichtiger Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit und ermöglicht Forschenden den Zugang zu internationalen Netzwerken und Forschungseinrichtungen. Die Bundesregierung wird Maßnahmen zur Forschendenmobilität weiter fokussieren: Es gilt, Verbesserungen durch den Abbau von bürokratischen Hürden für Mobilität und durch die Vereinfachung der Prozesse zur Anerkennung von Studienleistungen und relevanter Berufserfahrung in der Forschung aus anderen Ländern zu erreichen.
Dabei setzt die Bundesregierung sich für eine wissenschaftsfreundliche Auslegung und Weiterentwicklung der EU-Gesetzgebung zur Freizügigkeit von Dienstleistungen im Binnenmarkt ein: so zur Koordination von Sozialversicherungssystemen (A1-Bescheinigung), der Entsendung von Arbeitnehmenden sowie der Richtlinie zu "gleicher Bezahlung, gleiche Beschäftigungsbedingungen". Durch eine Rotation und den Austausch von Forschungspersonal unter Beibehaltung der ursprünglichen lokalen Arbeitsverträge sollen Gastaufenthalte und kurzfristige Mobilität erleichtert werden.
Für die Mobilität von Forschenden im Europäischen Forschungsraum ist eine reibungslose Anerkennung von Studienleistungen, Bildungsabschlüssen und relevanter Berufserfahrung aus dem Ausland essentiell wichtig. Dafür möchte die Bundesregierung u.a. die Anerkennung in wissenschaftlichen Laufbahnen vereinfachen und beschleunigen, u.a. über eine einheitliche Definition von Karrierestufen bei Forschenden auch über nationale Grenzen hinweg fördern.
Zur Förderung der Mobilität setzt die Bundesregierung sich in Europa für vergleichbare Definitionen und Standards für Forschende innerhalb der Wissenschaft und interoperabel mit anderen Sektoren ein. Sie begleitet den Aufbau der "ERA Talent Platform" auf EU-Ebene proaktiv und setzt sich für die Kompatibilität mit existierenden nationalen Angeboten ein. Die digitalen Angebote auf nationaler und europäischer Ebene greifen dabei ineinander und ergänzen sich.
Das BMBF fördert mit dem nationalen Koordinationsbüro die Initiative COST (European Cooperation in Science and Technology) zur Vernetzung von wissenschaftlichen und technologischen Forschungsaktivitäten in Europa. Hierzu wird Deutschland im Zeitraum 2027-2029 die Präsidentschaft des Netzwerkes von deutscher Seite übernehmen.
Die Beschäftigungsbedingungen von Forschenden sind ein wichtiger Faktor im internationalen Wettbewerb der Wissenschaftsstandorte. Damit Deutschland und Europa hier wettbewerbsfähig bleiben, müssen attraktive Rahmenbedingungen für Forschende im Europäischen Forschungsraum gewährleistet werden. Hierzu reformiert die Bundesregierung unter anderem das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, um für Forschende in frühen Karrierephasen mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz zu schaffen sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu gewährleisten. Mit der Dynamisierung des Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken stellt die Bundesregierung zusätzliche Mittel für mehr finanzielle Planungssicherheit und mehr dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse für Studium und Lehre an den Hochschulen bereit. Damit trägt sie auch zur Verbesserung von Beschäftigungsbedingungen und planbareren Karrierewegen im Europäischen Hochschul- und Forschungsraum bei.
Die Idee eines Europäischen Forschungsraums wird lebendig durch die Wissenschaftscommunity, die sich grenzüberschreitend vernetzt und in Projekten mit europäischem Mehrwert zusammenarbeitet. So bildet sie das Rückgrat der europäischen Wissensgesellschaft, deren Potential es in ihrer ganzen Vielfalt auszuschöpfen gilt.
Im Rahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum will die Bundesregierung:
Zur signifikanten Steigerung des Frauenanteils im Wissenschaftssystem in Deutschland, insbesondere in Führungspositionen, in Richtung Parität sowie zur Stärkung der Diversität in der Wissenschaftslandschaft, braucht es sowohl strukturelle Änderungen als auch einen Kulturwandel in Wissenschaft und Forschung. Dafür verfolgt die Bundesregierung einen strategischen Ansatz, um Lücken im System zu identifizieren und passgenaue Maßnahmen zu entwickeln. Das Professorinnenprogramm 2030 von Bund und Ländern trägt dazu bei, die Zahl der Professorinnen in Deutschland zu erhöhen und zudem die Gleichstellung an Hochschulen durch spezifische Maßnahmen zu stärken.
Zur Verbesserung des Austausches zwischen Wissenschaft und Gesellschaft im Europäischen Forschungsraum wird die Bundesregierung Schwerpunkte setzen auf gezielte Kompetenzförderungs- und Vernetzungsangebote an Forschende für einen verbesserten Dialog mit der Gesellschaft und auf die Unterstützung des Aufbaus eines europäischen Science-Media-Centers. Darüber hinaus will die Bundesregierung die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Forschung und Forschungspolitik verstetigen und erweitern.
Indem die Bundesregierung Länder und Regionen mit bisher leistungsschwächeren Forschungs- und Innovationsökosystemen darin unterstützt, ihre Kapazitäten für exzellente Forschung und Innovation auszubauen, schließt sie diese Lücken und stärkt damit Zusammenarbeit und Mobilität im gesamten Europäischen Forschungsraum. Die Fördermaßnahme "Bridge2ERA" soll beispielsweise mittelost- und südosteuropäischen Staaten Zugang zu den europäischen F&I-Netzwerken ermöglichen.
Fortschritte sollen zudem durch nationale und europäische Initiativen für eine bessere Anerkennung des Wissenschaftsmanagements erzielt werden. Deutschland bringt seine Erfahrungen der nationalen Exzellenzstrategie in die Beratungen zu einer geplanten europäischen Exzellenzinitiative ein. Die europäische Vernetzung in der Bildungsforschung wird unterstützt, um den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im grenzüberschreitenden Austausch zu stärken.