Leitlinie 1: Für ein innovatives Europa

Mit dem Nationalen Aktionsplan setzt sich die Bundesregierung für ein innovatives Europa ein, in dem Forschende gemeinsam die Transformationsprozesse für ein digitales und nachhaltiges Europa gestalten und europäischen Mehrwert schaffen.

Mikrochip auf Schaltplatte

Adobe Stock / Edelweiss

Die Zusammenarbeit exzellenter Forschender im Europäischen Forschungsraum ist für die Innovationskraft Europas von unschätzbarem Wert. Diese gilt es zu vertiefen und weiter auszubauen. Besonders wichtig ist es dabei, den Transfer aus der Forschung in die Praxis zu beschleunigen, Schlüsseltechnologien mitzugestalten und mit Forschung und Innovation Beiträge zur Lösung globaler Herausforderungen zu leisten. Es gilt, diese drängenden Fragen in europäischer Zusammenarbeit zu beantworten und die nötigen Transformationsprozesse zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. Eine starke Grundlagenforschung, eine transferorientierte angewandte Forschung und ein gezielter Erkenntnistransfer sind wesentliche Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas heute und in Zukunft.

Handlungsfeld 1 für ein innovatives Europa: Technologisch souverän die wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation gestalten

Unsere Gesellschaft steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Die Zeitenwende sowie die gesellschaftliche Transformation zu digitaler und technologischer Souveränität und Nachhaltigkeit verlangen aktive Gestaltung. Nur durch exzellente erkenntnisgetriebene Grundlagenforschung und anwendungsnahe Forschung bleibt die Innovationspipeline gefüllt und es ist sichergestellt, dass wissenschaftsgetriebene Innovationen und technologische Durchbrüche es bis zur Marktreife schaffen. Damit trägt die Bundesregierung zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas und der Bewältigung dieser gesellschaftlichen Herausforderungen bei.

Im Rahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum will die Bundesregierung:

a) Nationale und europäische F&I getriebene Missionen gegenseitig stärken

Die EU-Missionen bündeln die Aktivitäten in Horizont Europa zur Bewältigung großer gesellschaftlicher Herausforderungen. Hierzu wird die Bundesregierung das Zusammenwirken mit den nationalen Missionen und Schwerpunkten, die im Rahmen der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation umgesetzt werden, weiter verbessern. Die Bundesregierung möchte die EU-Missionen zudem verstärkt auf die nationale, regionale und lokale Ebene tragen, ihre Sichtbarkeit für die breite Öffentlichkeit erhöhen und die Beteiligung weiterer Akteure insbesondere aus der Forschung steigern. Hierzu wird das BMBF geeignete Vernetzungs- und Koordinierungsmaßnahmen anstoßen.

Missionen unter Horizont Europa bis 2030

Missionen unter Horizont Europa bis 2030

Bundesministerium für Bildung und Forschung

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b) Ausrichtung der Anwendung neuer Technologien durch europäische Abstimmung besser verzahnen

Mithilfe technologischer Roadmaps, z. B.  zu den Themen "Technologien für die Kreislaufwirtschaft" oder "Technologien für energieintensive Branchen", setzt die Bundesregierung sich im Europäischen Forschungsraum gemeinsame Ziele und stärkt damit die Verbindung zwischen Akteuren aus Forschung und Industrie. So will sie den digitalen und ökologischen Wandel der europäischen Industrie mitgestalten und beschleunigen. Hierzu wird die Bundesregierung eine kontinuierliche Abstimmung mit der Wirtschaft etablieren und nationale und europäische F&I Fördermaßnahmen besser miteinander verzahnen. Zudem setzt die Bundesregierung sich für eine engere europäische Abstimmung zu zukunftsweisenden Themen ein. So möchte sie beispielsweise auf Grundlage des KI-Aktionsplans des BMBF und darüber hinaus eine führende Rolle bei der Weiterentwicklung der Europäischen KI-Strategie einnehmen.

c) Gemeinsame Forschungsprioritäten in Europa durch Europäische Partnerschaften umsetzen

In enger Abstimmung mit nationalen, europäischen und internationalen Partnern in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik will die Bundesregierung mit den Europäischen Partnerschaften die Forschungs- und Innovationslandschaft in Europa richtungsweisend gestalten und damit die Entwicklung und Nutzung neuer Lösungen und Technologien in Europa effektiv vorantreiben. Durch ein nationales Stakeholder-Forum für Europäische Partnerschaften in Horizont Europa zum Austausch und zur Zusammenarbeit zwischen den Partnerschaftsakteuren wird Deutschland das volle Potenzial der Partnerschaften nutzen und sich im Rahmen politischer Schwerpunktsetzungen weiterhin konsequent an den europäischen Partnerschaften beteiligen.  

d) Energieforschung konsequent auf Dekarbonisierung fokussieren und europäisch vernetzen

Deutschland setzt sich für die Etablierung einer Europäischen Wasserstoffunion ein und trägt über die EFR-Pilotinitiative zu grünem Wasserstoff aktiv dazu bei. Deutschland strebt u. a. im Rahmen der Umsetzung der strategischen Forschungs- und Innovationsagenda (Englisch: SRIA) "Grüner Wasserstoff" den Ausbau und die Intensivierung von bi- und multilateralen Forschungskooperationen im Wasserstoffbereich innerhalb der EU an. Einen Beitrag leistet dabei auch das neue DAAD-Stipendienprogramm "EFR Zukunftsstipendien – Grüner Wasserstoff".

Die deutschen Fusionsforschungsaktivitäten liefern bereits jetzt wichtige Erkenntnisse für eine perspektivisch mögliche Nutzung der Fusionsenergie in Kraftwerken. Bei der Erforschung der Fusion profitiert Deutschland, wie seine Partner, sehr von der europäischen und internationalen Zusammenarbeit. Jüngste Fortschritte haben zudem eine neue Dynamik entfacht, die auch vermehrt privates Kapital anzieht. Das BMBF prüft eine Ausweitung seines Engagements, um auch neuartige konzeptionelle und technologische Ansätze in den Blick zu nehmen und so die nationale wie internationale Fusionsforschung weiter voranzubringen.

e) Das Potential der europäischen Forschungs- und Technologieinfrastrukturen besser nutzen

Leistungsfähige Forschungs- und Technologieinfrastrukturen wie etwa Höchstleistungsrechner, Informationsinfrastrukturen, Teilchenbeschleuniger oder auch Windkanäle und Teststände tragen entscheidend zur Lösung der großen Zukunftsfragen bei. Die Bundesregierung unterstützt die Weiterentwicklung und Stärkung der europäischen Forschungsinfrastrukturen-Landschaft durch bi- und multilaterale Formate sowie im Rahmen des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) und im Rahmen von Horizont Europa. Die Bundesregierung will ihre Wirkungen in Wirtschaft und Gesellschaft verbessern, Zugänge zu diesen Infrastrukturen erleichtern und gemeinsam mit ihren europäischen Partnern der nächsten Generation von Forschungsinfrastrukturen den Weg bereiten. Dazu will sie auf nationaler Ebene eine Priorisierung der Planung und Umsetzung für große nationale und internationale Forschungs- und Technologieinfrastrukturen vornehmen.

Das Cherenkov Telescope Array – wie gemeinsame Investitionen in Teleskope die Erkundung des Universums ermöglichen

Wie entstehen Sterne? Was ist dunkle Materie? Wie laufen physikalische Prozesse in der Nähe von Schwarzen Löchern ab?

Das Cherenkov Telescope Array (CTA) ist ein weltweit einzigartiges Bauprojekt auf drei Kontinenten zur Beantwortung dieser grundlegenden Fragen. Das Observatorium zu Messung von hochenergetischen Gammastrahlen soll aus ca. 70 abbildenden fotosensorischen Teleskopen bestehen. Die Baukosten belaufen sich zunächst auf rund 320 Mio. Euro. Von deutscher Seite fließen Bundesmitteln, Beiträge von den Wissenschaftsorganisationen MPG und DESY und verschiedenen Universitäten ein.

Mit zwei Standorten auf der Nord- (La Palma, Spanien) und auf der Südhalbkugel (Paranal/ESO, Chile), dem Hauptquartier (Bologna, Italien) und dem wissenschaftlichen Datenzentrum (Zeuthen, Brandenburg) ist CTA ein Beispiel für eine Forschungsinfrastruktur auf dem neusten Stand der Wissenschaft und Technik, die nur in enger Zusammenarbeit mit europäischen und internationalen Partnern möglich ist.

Cherenkov Telescope Array

Cherenkov Telescope Array

DESY

Handlungsfeld 2 für ein innovatives Europa: Wissen europaweit in die Anwendung bringen

Die erfolgreiche Entwicklung der Impfstoffe gegen das Corona-Virus hat deutlich gemacht, wie unverzichtbar exzellente Grundlagenforschung für schnelle und effektive Lösungen auf unvorhergesehene Herausforderungen ist. Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass dieser Transfer aus der Forschung in die Anwendung noch häufiger gelingt und Deutschland und Europa ihr Potential voll ausschöpfen: Der Wissensreichtum aus Deutschlands exzellenter Grundlagenforschung soll in der Praxis ankommen und die Möglichkeiten und Kompetenz von Industrie und Unternehmen (auch KMU und Start-ups) für bahnbrechende und marktschaffende Innovationen stärken. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass über alle Förderprogramme und strategischen Ansätze hinweg die nationalen und europäischen Förderungen des Transfers noch besser aufeinander abgestimmt werden, ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken.

Im Rahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum will die Bundesregierung:

a) den Transfer in die Anwendung in allen Forschungsbereichen verstärken

Durch eine bessere Vernetzung der akademischen und industriellen Forschung will die Bundesregierung dafür sorgen, dass Wissen und Erkenntnisse aus der ganzen Breite der akademischen Fachdisziplinen den Weg in die Anwendung finden und damit der Gesellschaft zugutekommen. Die Bundesregierung wird ein neues Konzept zum europäischen Wissenstransfer entwickeln, um auch hier nationale und europäische Maßnahmen besser zu verzahnen und aufeinander abzustimmen. Dieses Konzept soll die Entwicklungskette vollständig abbilden und die einzelnen Entwicklungsschritte gezielt unterstützen, um den Transfer in die Anwendung erfolgreich umzusetzen.

b) Wissenschaftsfreundliche rechtliche Rahmenbedingungen in der EU schaffen

Die Bundesregierung setzt sich in der Europäischen Union für einen wissenschaftsfreundlichen und innovationsfördernden rechtlichen Rahmen ein. Durch einen spürbaren Bürokratieabbau sollen Kreativität und Fortschritt beflügelt und die Wettbewerbsfähigkeit von Forschung und Innovation in Deutschland und Europa erhalten werden. Dazu braucht es eine flexiblere, wissenschaftsfreundliche Auslegung des Umsatzsteuer-, Gemeinnützigkeits- und EU-Beihilferechts. Innerhalb der EU-Rechtsgrundlagen will die Bundesregierung Freiräume für Reallabore schaffen und die besonderen Rahmenbedingungen von Start-ups berücksichtigen. Daher setzt sich die Bundesregierung für einen regulatorischen Rahmen ein, der sich auf das notwendige Maß beschränkt und auf den aktuellen Erkenntnisstand der Wissenschaft stützt. Sie wird hierzu auf einen kontinuierlichen und strukturierten Dialog mit der Wissenschaft bauen.

c) Europäische Leitlinien zur Wertschöpfung aus Wissen mitgestalten

Um den Transfer von Wissen in die Anwendung zu beschleunigen, will die Bundesregierung Standards europaweit gemeinsam etablieren. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten haben zur Stärkung der Wertschöpfung aus Wissen entsprechende Leitlinien sowie zwei Verhaltenskodizes zur intelligenten Nutzung von geistigem Eigentum und zur Standardisierung erarbeitet. Die Bundesregierung setzt sich für die Anwendung dieser Verhaltenskodizes ein und wird diese gezielt und nachhaltig in die Fachöffentlichkeit tragen.

d) Normen und Regulierungsstandards im Sinne der Wissenschaft festlegen

Die Bundesregierung fördert die stärkere Einbindung der Wissenschaft in Normungsprozesse sowie in die Definition von Best-Available-Techniques, um Forschungsansätze schneller in den Stand der Technik, in industrielle Prozesse und in regulatorische Rahmenbedingungen zu integrieren. So sollen gesetzliche Regelungen mit Mess-, Prüf- und Bewertungsvorgaben zur Sicherheit und Nachhaltigkeit kontinuierlich an den Stand der Wissenschaft und die regulatorische Notwendigkeit angepasst werden. Hierzu wird ein kontinuierlicher und strukturierter einen kontinuierlichen und strukturierten Dialog mit der Wissenschaft, Wirtschaft und mit Normungsorganisationen auf nationaler und europäischer Ebene weiterentwickelt.