Europäische Forschungszusammenarbeit ist gefragt! Die Ergebnisse der Online-Umfrage zum nationalen Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum unterstreichen die Bedeutung von europäischer Zusammenarbeit und Mobilität sowie der Digitalisierung.
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Gemeinsames Forschen in Europa zu fördern und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas sichern, einen Raum für freie und innovative Forschung schaffen und die offene Wissenschaft fördern – das sind die Ziele des Europäischen Forschungsraums (kurz: EFR). Wichtig ist es dabei, Europas Kräfte zu bündeln und nationale Forschungs- und Innovationsaktivitäten stärker miteinander zu vernetzen. Dazu arbeiten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) eng in Forschung und Innovation zusammen. Neben dem EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation "Horizont Europa" zählen dabei nationale Strategien und Maßnahmen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten, um die Prioritäten des Europäischen Forschungsraums umzusetzen.
Wie der Europäische Binnenmarkt schafft auch der Europäische Forschungsraum Freiheiten: die Freizügigkeit für Forschende, in anderen Ländern zu arbeiten, und die Möglichkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei auszutauschen. Ziel ist es, die Forschungssysteme in den Mitgliedstaaten zukunftssicher zu machen, Ressourcen zu bündeln und den Forschenden in Europa optimale Rahmenbedingungen zu bieten für die grenzüberschreitende Mobilität von Forschenden und den Austausch von Wissen. So soll ein echter "Binnenmarkt des Wissens" entstehen.
Die Zukunftsausrichtung des Europäischen Forschungsraum
Um diesem Ziel näher zu kommen, verständigten sich die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission im November 2021 mit dem "Pakt für Forschung und Innovation in Europa" auf eine neue Grundlage. Der EU-Pakt definiert neue Prioritäten für den "neuen Europäischen Forschungsraum", der die Rolle von Forschung und Innovation für unsere Gesellschaft, Souveränität und Wohlstand umfassend stärkt. Um die neue Zielsetzung in die Anwendung zu bringen, wurde Ende 2021 die "ERA Policy Agenda" verabschiedet. Die ERA Policy Agenda stellt ein konkretes Maßnahmenpaket von 20 Initiativen für eine leichtere und zielgerichtete Forschungszusammenarbeit in Europa dar (siehe Grafik 1).
Grafik 1: Die 20 Actions der ERA Policy Agenda 2022-2024. Quelle: EU-Büro (nach Entwurf Wissenschaftsrat Schweden)
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Die Bundesregierung möchte mit einem nationalen Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum die Umsetzung dieser neuen Prioritäten und Initiativen in Deutschland vorantreiben und setzt damit einen strategischen Rahmen für die deutsche EU Forschungs- und Innovationspolitik.
In Vorbereitung dieses Aktionsplans führte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Herbst 2022 eine umfassende Konsultation der Akteure aus Forschung und Innovation durch. In einer Online-Umfrage lud das BMBF Forschende und Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager in Deutschland dazu ein, ihre Einschätzung zu den wichtigsten Aufgaben für den Europäischen Forschungsraum auszudrücken: Welche Maßnahmen und Aktivitäten der ERA Policy Agenda sind aus Ihrer Sicht für Ihren Arbeitsalltag in der Forschung und Innovation besonders relevant? Die Umfrage orientierte sich eng an geplanten Initiativen der europäischen Ebene. Ziel ist es, die Bedarfe der deutschen Forschungs-Community zu verstehen. Mit dem nationalen Aktionsplan für den EFR kann die Bundesregierung Fokusthemen für die Umsetzung der ERA Policy Agenda setzen.
Die Online-Umfrage wurde unter anderem über die Newsletter und Twitter-Mitteilungen der Nationalen Kontaktstellen sowie EUB-Telegramm und Research in Germany kommuniziert und konnte über einen Direkt-Link zur Umfrage ausgefüllt werden. An der Umfrage haben sich 1.471 Forschende und Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager beteiligt, die zu 97 Prozent in Deutschland arbeiten, davon rund 86 Prozent aus Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen und zu rund 5 Prozent aus Industrie und Wirtschaft. Forschende aus dem Wirtschaftsbereich sind in der Umfrage folglich unterrepräsentiert. Die Umfragebeteiligung variiert ferner in Bezug auf Merkmale der Befragten: So haben mit 56 Prozent Männer eine höhere Rücklaufquote im Vergleich zu Frauen (37 Prozent), was in etwa dem Frauenanteil in der Wissenschaft entspricht. Etwa zwei Drittel der Befragten sind im Forschungsbereich tätig. Hierbei geben 41 Prozent der Befragten an, in den Naturwissenschaften tätig zu sein. Ingenieurwissenschaften (21 Prozent), Geistes- und Sozialwissenschaften (18 Prozent) und Lebenswissenschaften (17 Prozent) bilden die weiteren Fachdisziplinen. Die restlichen Befragten (etwa ein Drittel) arbeiten in den Bereichen Wissenschaftsmanagement und Technik.
Das BMBF dankt allen Teilnehmenden der Umfrage herzlich für die rege Beteiligung!
Die Top-Themen: Daten, Mobilitätshürden, Medien, Forschungsbewertung und Wissenschaftsfreiheit
Die Zustimmung zu den Maßnahmen, die im Europäischen Forschungsraum in den nächsten Jahren bewegt werden sollen, ist bei den Befragten in der Umfrage generell hoch. Vom länderübergreifenden Zugang über die Forschungsinfrastrukturen bis zur Verfügbarkeit öffentlicher Daten für die vielfältigen Forschungszwecke – diese Maßnahmen zur Förderung der Freizügigkeit für Forschende und des Austauschs wissenschaftlicher Erkenntnisse und Technologien in Europa werden von mindestens einem Drittel der Befragten als wichtig oder sehr wichtig bewertet. Dies trifft in gleicher Weise auf die Befragten in der Wissenschaft und Wirtschaft zu.
Die folgende Grafik zeigt die Ergebnisse der Umfrage mit den Top-Themen, die den Forschungsalltag der Befragten bewegen. Die Befragten konnten die Wichtigkeit eines Themas mittels einer 5-stufigen Bewertungsskala einordnen, wobei eine Antwort von "sehr wichtig" bis zu "nicht wichtig" möglich war.
Grafik 2: Die Top-Themen
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Besonders deutliche Zustimmung haben die Themen rund um die Digitalisierung und Daten erhalten: Neun von zehn Befragten (90 Prozent) finden es wichtig oder sehr wichtig, dass im Europäischen Forschungsraum Daten aus öffentlichen Quellen für Forschungszwecke besser verfügbar gemacht werden. Auch für sichere Cloudlösungen (84 Prozent), die Digitalisierung von Hochschulen (76 Prozent) und wissenschaftsfreundlichere Regelungen für Urheberrecht und Daten (74 Prozent) ist bei den Befragten eine hohe Zustimmung vorhanden. Dies unterstreicht die Dringlichkeit digitaler Angebote in der Forschung und Innovation. Ergänzend sei ausgeführt, dass 64 Prozent der Befragten Bildungs- und Trainingsmaßnahmen für Data Scientists / Data Stewards als wichtig bzw. sehr wichtig befanden.
Als sehr wichtig wurde die Stärkung einer wissenschaftsgetriebenen und faktenbasierten Medienberichterstattung erachtet, welche 86 Prozent der Befragten befürworteten. So bietet zum Beispiel das Science Media Center Germany (SMC) eine unabhängige und gemeinwohlorientierte Unterstützung für Journalistinnen und Journalisten in der Berichterstattung über Themen mit Wissenschaftsbezug an.
Aber auch weiterhin fortbestehende Mobilitätshürden müssen angegangen werden. Angesichts der hohen Bedeutung von Auslandsaufenthalten und Arbeitserfahrungen im Ausland für die berufliche Laufbahn im Wissenschaftsbereich stellen Mobilitätsbarrieren für die beteiligten Akteure ein existentielles Thema dar. Eine bessere Anrechenbarkeit von Sozialversicherungsansprüchen zwischen den Mitgliedstaaten im Europäischen Forschungsraum finden dementsprechend 82 Prozent der Befragten sehr wichtig oder wichtig. Hier geht es insbesondere darum, die Interoperabilität der Systeme zu verbessern.
Auch der Schutz der Wissenschaftsfreiheit in der internationalen Kooperation wird von den Befragten als (sehr) wichtig erachtet. Jeweils rund drei von vier Befragten sprechen sich für zentrale und derzeit besonders aktuelle Themen der europäischen Forschungszusammenarbeit aus: Ein sicheres und freies wissenschaftliches Arbeiten mit internationalen Partnern auch unter erschwerten geopolitischen Bedingungen stellt für die Befragten ein (sehr) wichtiges Thema (77 Prozent) in ihrem Arbeitsalltag dar.
Auch eine Reform der Forschungsbewertung findet eine deutliche Unterstützung. 77 Prozent der Befragten sehen eine stärker qualitative als quantitative Bewertung von Forschung als wichtig an. Dies entspricht auch dem Ansatz der Initiative der Europäischen Kommission zur Reform der Forschungsbewertung und der wissenschaftsgeleiteten "Coalition for Advancing Research Assessment" (CoARA). Danach sollen zudem auch Leistungen aus den Bereichen Offene Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation oder Wissenschaftsmanagement bessere Anerkennung finden. Ebenso zählt ein gemeinsames forschungspolitisches Handeln in Europa zu den wichtigen Themen für die Befragten. Gerade bei Forschung zu globalen Herausforderungen (zum Beispiel Krebs bekämpfen, Klimawandel stoppen, Energieversorgung sicherstellen) sollten die Forschungsstrategien enger europäisch abgestimmt werden, fanden 75 Prozent der Befragten. Eine Bündelung der Kräfte und Ressourcen versprechen schnellere und effizientere Lösungen.
Die Ergebnisse der Konsultation werden derzeit innerhalb des BMBF auf die Entwicklung der Maßnahmen des Aktionsplans für den Europäischen Forschungsraum hin ausgewertet. Der Aktionsplan soll Mitte 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden.
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